Wenn jemand Haltungsprobleme hat, dann einige Verteidigungspolitiker-Darsteller, vor allem der (ehemals) gegelte Lügenbaron und die momentan dilettierende Karrieretante (die allerdings nicht an allem schuld sein kann, was über Jahrzehnte verbockt wurde).
Also was ist das Problem?
Ich erinnere mich an eine Inspektion in einem Fernmeldebataillon während einer Reserve-Übung 1981. Wir hatten zu wenige funktionierende Aufklärungsgeräte – sagen wir zwei Geräte für vier Trupps. Dem General wurde aber vorgespielt, daß alles stimmte. Dazu trugen wir nach Inspektion des ersten Trupps das funktionierende Gerät zum LKW des dritten Trupps, während der General den zweiten Trupp besichtigte. Es funktionierte und hat auch noch einen Heiden-Spaß gemacht. Zum selben Anlaß wollten wir Ausbilder um mehr Ausbildungsmaterial aller Art bitten, das wir dem Kompaniechef aufgelistet hatten. Dieser stellte dem General gegenüber allgemein unseren Bedarf dar, konkret beantragte er aber nur einen einzigen Tageslichtprojektor.
Solche Erlebnisse kann jeder Soldat berichten, die meisten noch viel haarsträubendere.
Es geht offensichtlich darum, sich „nach oben“ gut zu verkaufen, was irrtümlich mit dem Verdecken und Vertuschen von Problemen jeder Art verwechselt wird. Diesen Mechanismus gibt es in allen Organisationen. Wenn bei der Bundeswehr auch das Übersehen und Tolerieren von rechtsradikalen Umtrieben dazugehört, ist das nicht nur für die Bundeswehr, sondern für das ganze Land katastrophal.
Die Lösungsansätze sind gute Organisations- und Führungsarbeit, über die genug geschrieben worden ist. Auf jeden Fall fängt die Lösung mit dem Verhalten an der Spitze der Organisation an und erfordert Augenmerk und Sorgfalt beim Rekrutieren und Befördern des Führungspersonals.
Und dann die Wehrmacht …
Es ist leider so, daß eine ganze Generation von Männern in der Wehrmacht gedient hat – unsere Väter bzw. Großväter, die meisten keine Nazis. Ob wir wollen oder nicht, war die Wehrmacht traditionsbildend, allein durch die Kommunikation in den Familien.
Die Soldaten, die die Bundeswehr aufgebaut haben, waren natürlich ehemalige Wehrmachtssoldaten. Wie sollten die ihre Vergangenheit ausblenden, die für den Aufbau der neuen Armee gerade gefragt war?
Es ist zweierlei, die Einschwörung auf den Führer, den verbrecherischen Angriffskrieg und die Kriegsverbrechen zu verdammen, und gleichzeitig auch alle militärischen Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Kenntnisse, Gepflogenheiten, Sitten und Gebräuche verschrotten zu wollen. Das Letztere geht einfach nicht.
Sogenannte Wehrmachtsdevotionalien jetzt auszurangieren ist eine Ersatzhandlung, die auch gleich über das Ziel hinausschießt, wie das Abhängen des Bildes von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform zeigt. Die Bundeswehr hat mittlerweile eine ausreichend lange eigene Geschichte, um eigene Tradition ausbilden und pflegen zu können.
Und jetzt die große Lösung
Je mehr die Bundeswehr zu einer kleinen abgekapselten Berufsarmee verkommt, die von manchen Insidern sogar als Söldnerarmee angesehen werden kann, können sich Fehlentwicklungen ungestörter entwickeln, als wenn regelmäßig neue Soldaten eintreten, die einen Querschnitt der Bevölkerung darstellen.
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht erscheint deshalb geboten, und zwar sinnvollerweise als allgemeine Dienstpflicht für alle, Männer und Frauen, und auch für die Drückeberger mit (angeblichen) gesundheitlichen Einschränkungen (die früher auch keinen Zivildienst machen mußten).
So würde Gemeinsinn gestärkt bzw. geschaffen, personelle Engpässe in sozialen Bereichen abgemildert und – um auf die Bundeswehr zurückzukommen – wieder ein viel größeres und vielseitigeres Nachwuchspotential herangezogen.